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Tangerine

D/Marokko 2008, 95 min

In Tanger, dem Tor zwischen Europa und der islamischen Welt, begegnet ein marokkanisches Mädchen einem jungen Paar aus Deutschland. Es entspinnt sich eine vielschichtige Dreiecksbeziehung in der Geld, Lügen und Prostitution zum Widersacher einer wirklichen Freundschaft oder gar Liebe werden.

Synopsis

Tanger, Marokko. Amira wird von ihrer Familie auf die Straße gesetzt, weil sie lieber Tänzerin werden will als verheiratet zu werden oder als Dienstmädchen zu arbeiten. Sie findet Unterschlupf in der Wohnung von Freundinnen, die ihren Lebensunterhalt als Prostituierte in den Bars von Tanger verdienen. Pia und Tom, Musiker aus Deutschland, lernen Amira in einer Diskothek kennen. Pia beobachtet Amira fasziniert beim Tanzen und lädt sie an ihren Tisch ein. Die beiden befreunden sich, doch Amira hat auch Augen für Pias Freund Tom. Da kommt Pia auf die Idee, mit Amiras Hilfe die angeschlagene Beziehung zu Tom auf die Probe zu stellen. Amira wiederum sieht in einer Affäre mit Tom ihre Chance.

Streaming-Info

Der Film ist über unseren Vimeo-Kanal zum Leihen oder Kaufen erhältlich. Weitere Anbieter siehe „Film kaufen“.
Sprache: Deutsch (teilweise OmU), Untertitel: Deutsch, Englisch, Französisch

Pressestimmen

Ein flanierender, mit Handkamera gedrehter Film über die Verschränkung von Geld und Gefühl, mit zwei überzeugenden Hauptdarstellerinnen (Nora von Waldstätten und Sabrina Ouazani), dem man einen deutschen Kinostart wünscht – nicht zuletzt deshalb, weil Irene von Alberti im Gegensatz zu vielen ihrer Kollegen versucht, aus dem üblichen deutschen Mittelstandsverhältnissen wegzukommen und andere Lebenswirklichkeiten einzufangen.
(Rüdiger Suchsland, 28.10.2008)

...eine runde Geschichte, die über den Tellerrand des Privaten hinausblickt. Großartig besetzt geht es um die Stellung der Frau, um Liebe, Freundschaft, Affäre und Prostitution in Marokko. (Martin Schwarz, Zitty Berlin, 28.10.2008)

„Tangerine“ gelingt als deutschem Film das Kunststück, Einblicke in das Leben marokkanischer Frauen zu geben, ohne dabei in die Perspektive und Maßstäbe der deutschen Figuren zu verfallen, ohne zu werten und ohne einen touristischen Blick anzunehmen. Die Schauspieler, allen voran die aus Abdellatif Kechiches Filmen bekannte Sabrina Ouazani sowie Nora von Waldstätten, haben mit ihrem sympathischen und präzisen Spiel erheblichen Anteil an der wirklich entwaffnenden Natürlichkeit des Films, die ihn zu einem unprätentiösen, uneitlen und trotzdem intelligenten Genuß machen. (Oliver Baumgarten, Schnitt, 04/2009)

Preise und Festivals

- Internationale Hofer Filmtage 2008
- Filmfestival Max Ophüls Preis 2009
- 15ème Festival International du Cinéma Méditerranéen de Tétouan, Marokko 2009
- achtung berlin 2009 (Preis für die beste Kamera für Birgit Möller für TANGERINE)
- Filmkunstfest Mecklenburg-Vorpommern 2009
- Hachenburger Filmfest 2009
- International Women’s Film Festival, Israel 2009
- Cambridge Film Festival 2009
- Aflam - Diffusion des cinémas arabes, Marseille 2010

Weitere Texte

Interview mit Irene von Alberti
(Auszug)

Du bist ja was die filmische Erfahrung mit dem arabischen Raum betrifft, nicht gerade ein unbeschriebenes Blatt,

‚Tangerine‘ ist zwar mein erster Langfilm in Marokko. Aber schon seit 15 Jahren verbindet mich eine filmische Liebe mit dem Land, seiner Kultur und seinen Widersprüchen. Mein erster Film, den ich dort zusammen mit Frieder Schlaich als Produzentin realisiert habe, war der Episodenfilm ‚Paul Bowles Halbmond‘. Schon da kam der marokkanische Produzent Karim Debbagh ins Spiel, der mittlerweile ein Freund und unverzichtbarer Partner geworden ist. Von dem Projekt ‚Marocain‘ mit Elfi Mikesch, bei dem ich für Kameraassistenz und Produktion verantwortlich war, und meinem Dokumentarfilm ‚Maroc en Vogue‘, den ich auch selbst mitproduziert habe, kenne ich die filmische Infrastruktur Marokkos ganz gut aus eigener Erfahrung. Gerade deshalb weiß ich sehr zu schätzen, was Karim für ‚Tangerine‘ geleistet hat. Die Beantragung der Drehgenehmigung fiel in eine politisch relativ liberale Phase. Doch schon kurz vor den Dreharbeiten gab es bei den Parlamentswahlen eine massive konservative Verschiebung. Dass wir dieses Buch so überhaupt noch verfilmen konnten ist allein das Verdienst von Karim, der all seine Diplomatie und sein Ansehen als Produzent in Marokko in die Waagschale geworfen hat.

Wirtschaftliche Entwicklung, politischer Rückschritt?

Die Liberalisierung durch den jungen König ist schon wieder am Abklingen. Er ist vorsichtig geworden, da er auf die konservativen Kräfte angewiesen ist, die das Parlament jetzt beherrschen. Es gab viele Situationen, wo wir uns beobachtet fühlten. Prostitution – und Korruption, die ja in der Szene auf der Polizeiwache auch angerissen wird, sind sehr heiße Themen, die offiziell nicht existieren, über die man also auch nicht reden, berichten oder einen Film drehen kann. Sogar unser marokkanisches Team war manchmal zwiegespalten, die Leute haben die offizielle Meinung ein Stück weit verinnerlicht. Über einige Dialoge im Drehbuch wurden lange Diskussionen geführt, bis man sich am Ende meistens darauf einigte, dass es „la verité“ ist. (...)

Wo hat ‚Tangerine‘ begonnen?

Während der Dreharbeiten an einem Dokumentarfilm in Tanger sahen wir in Bars und Diskotheken junge, modern gekleidete Mädchen tanzen, rauchen und flirten. Auf den ersten Blick also alles „normal“ in unseren Augen. Erst als die marokkanischen Männer in unserem Team felsenfest behaupteten, das seien ausnahmslos alle Huren, begann ich genauer hinzu-schauen. Prostitution ist wie in den meisten islamischen Ländern bei schwerer Strafe verboten, wird aber in Tanger im gewissen Rahmen toleriert. Viele junge Männer können mangels Geld nicht heiraten und außereheliche Beziehungen werden sehr streng verfolgt, so floriert die Prostitution. Für die Polizei eine willkommene Quelle für Schmiergelder. Sehr willkürlich werden dann Razzien durchgeführt, in denen die Frauen, die ja ohne jede Rechtsgrundlage agieren, extrem hart behandelt werden. Den meisten Frauen geht es schlicht um ihre Versorgung. In der marokkanischen Gesellschaft gibt es für Frauen zwei traditionelle Existenzformen: Ehefrau und Dienstmädchen. Ausnahmen, in denen eine Frau ihren Lebensunterhalt durch ihren Beruf selbst verdienen kann, bewegen sich im Promille-Bereich und staatliche Sozialleistungen gibt es nicht. Da ist es nicht sehr verwunderlich, dass viele Mädchen von einem reichen Ausländer träumen, der sie versorgt, oder ihnen ein Visum nach Europa verschafft. Aber auf dem Weg dahin landen viele in der Prostitution. In dieser Grauzone bewegen sich Frauen und Mädchen, die von Männern Geld oder Geschenke annehmen, aber nicht wie im westlichen Verständnis von Prostitution eine sexuelle Dienstleistung für eine feste Summe anbieten.

Du hast ja auch das Drehbuch geschrieben, wie hast du Zugang gefunden zum Prostituiertenmilieu?

Ich hatte eine großartige Partnerin und Türöffnerin in der glühenden Feministin Farah Zaide. Wir besuchten eine ganze Reihe Wohngemeinschaften von Mädchen, die tatsächlich auch so existieren. Farahs Losung war immer „Ihr müsst der deutschen Frau alles erzählen, damit ihr endlich einmal eine Stimme bekommt!“ Wir ließen uns viele oft harte Lebensgeschichten erzählen, die zum Teil direkt ins Drehbuch eingeflossen sind. Neshua und Mimita z.B. haben ganz reale Vorbilder, ich habe sie hier fast dokumentarisch porträtiert. Die beiden leben in einer Wohngemeinschaft mit zwei anderen Frauen und sind beste Freundinnen. Freundinnen sind in diesem Milieu ein großes Glück, meist herrscht extreme Konkurrenz zwischen den Mädchen, vor allem den jüngeren. Längst gibt es mehr Mädchen als Männer in den Diskos, und mit allen Mittel machen sie sich das Leben schwer. Aber in diesem Fall schützen und helfen sie sich gegenseitig. Neshua erzählte uns ihre harte Lebensgeschichte: sie wuchs mit zehn Geschwistern auf, die Brüder prügelten sie regelmässig und sie riss mit 14 zu Hause aus, um in Tanger einen Job zu finden. Dort wurde von ihrem ersten Freund schwanger. Der ließ sie sitzen, weil seine Mutter nicht wollte, dass er eine Prostituierte heiratet (was sie ja damals noch gar nicht war). Seitdem versucht Neshua zu überleben und Geld zu sparen für die Papiere ihrer Tochter, die sonst nicht die Schule besuchen kann. Neshua ist jetzt 25 und damit schon fast zu alt für den Job. Sie betrinkt sich schon zu Hause, weil sie das alles sonst nicht erträgt. In der der Disko geht das Trinken dann weiter, bis sie dann gegen fünf Uhr morgens nach getaner Arbeit völlig ausgelaugt nach Hause kommt. Ihr Dilemma ist, dass sie, obwohl sie das alles für ihre Tochter tut, überhaupt keine Zeit für das Mädchen findet. Mimita hingegen hat in ihrem Leben etwas mehr Glück. Ihr schönes Gesicht und Ihre fröhliche Art helfen ihr dabei. Sie nimmt grundsätzlich keine marokkanischen Männer als Kunden, sondern sucht Europäer. Als wir sie trafen, lebte sie von dem Geld eines Spaniers, der sich in sie verliebt hatte, wer weiß, ob sie es heute schon bis nach Spanien geschafft hat. (...)

Eine andere Hauptrolle spielt ja die Musik ...

Die Musik ist eine Ebene im Film, auf der sich die Vermischung von Tradition und Moderne in Marokko ebenfalls abbildet. Tom sucht im Film den Kontakt zu den legendären Jajouka-Musikern aus dem südlichen Rif-Gebirge, die schon mehrfach mit den Rolling Stones gespielt hatten. Eine andere traditionelle Musikrichtung ist Jilala, deren bekannteste Band im Film zu sehen ist. Beides sind Trance-Musiken, die von den Sufi-Meistern für Zeremonien benutzt werden. Neben den leicht zugänglichen Drogen war diese Musik Hauptanziehungkraft für Künstler und Musiker wie Brian Jones oder Paul Bowles. Paul Bowles hat sich noch an seinem allerletzten Geburtstag in Tanger ein privates Jilala Konzert gewünscht, und dies mit seinen dünn gerollten Kif-Zigaretten genossen. Daneben hat mich auch immer arabischer Pop fasziniert. In den achtziger Jahren begann die nordafrikanische Rai-Musik mit Musikern wie Cheb Mami, Cheb Khaled oder Rashid Taha die französischen Discos zu erobern. Mittlerweile sind Natascha Atlas, Nancy Ajram oder Amr Diab feste Größen auf den Worldbeat-Partys von Madrid bis Berlin. In Zeid Hamdan aus Beirut, der traditionelle arabische Klänge mit elektronischen Sounds verschmilzt, hatte ich den idealen Musiker für den Soundtrack von ‚Tangerine‘ gefunden

Credits

Buch und Regie
Irene von Alberti
Mit
Sabrina Ouazani, Nora von Waldstätten, Alexander Scheer, Naima Bouzid, Nohad Sabri, Said Bey
Kamera
Birgit Möller
Kamerassistenz
Armin Mobasseri
Standfotografie
Christina Stivali
Schnitt
Silke Botsch
Musik
Zeid Hamdan
Szenenbild
Anne Schlaich
Szenenbildassistenz
Christiane Schmid
Baubühne
Tobi Güntner
Maske
Siham Ouled Dahou, Samira Ait Kharraz
Kostüme
Larbi Yacoubi, Gina Krauß
Garderobe
Nadia Ait Kharraz, Brahim Bardiy
Oberbeleuchter
Markus Görgens
Beleuchter
Aziz Zougar, Rachid Msaidi
Ton
Ulla Kösterke
Regieassistenz
Said Bey, Ariane Mayer, Jaouad El Kacimi, Tina Kaiser
Herstellungsleitung
Sabine Steyer
Produzenten
Frieder Schlaich, Karim Debbagh
Produziert von
Filmgalerie 451
In Co-Produktion mit
Kasbah-film Tangier und dem ZDF – Das kleine Fernsehspiel (Claudia Tronnier)
Gefördert von
Medienboard Berlin-Brandenburg
Kinostart
14.05.2009

DVD-Infos

Extras
Making-Of Clips (10 min), Soundtrack-Auswahl, Fotogalerie, Trailer
Sprache
Deutsch (teilweise OmU)
Untertitel
Englisch, Deutsch, Französisch
Ländercode
Code-free
System
PAL / Farbe
Laufzeit
95 min + Extras
Bildformat
16:9
Tonformat
DD 5.1 + 2.0
Inhalt
Softbox (Set Inhalt: 1), 12-seitiges Booklet
Veröffentlichung
20.11.2009
FSK
6

Kinoverleih-Infos

Verleihkopien
DCP (2K, 25 fps, 5.1)
Blu-ray Disc
35mm (Super-16mm Blow Up, Dolby SR, über Deutsche Kinemathek)
Bildformat
35mm (Super-16mm Blow Up), 1:1,85
Sprache
Deutsch (teilweise OmU)
Untertitel
Englisch, Französisch (DCP, BD)
Englisch, Deutsch (35mm)
Werbematerial
A1-Poster
Lizenzgebiet
Weltweit
FSK
6